Kinder in der Trennung
„Es ist als ob jemand mir den Teppich unter den Füßen gezogen hätte.“ „Alles was ich kannte, war plötzlich weg.“ So oder ähnlich erinnern sich viele Erwachsene an die Trennung ihrer Eltern. Eine Trennung ist immer eine große Veränderung, die das Kind zutiefst verunsichert und bis ins Erwachsenenalter eine schmerzliche Erinnerung bleibt.
Und dennoch gehören Trennungen zum Leben dazu. In Berlin sind 30 % der Haushalte mit Kindern Ein-Eltern-Familien – viele davon nach einer Trennung. In den Erziehungs- und Familienberatungsstellen begleiten wir jedes Jahr hunderte von getrennten Familien und möchten mit Ihnen etwas von unserem Wissen und unseren Erfahrungen teilen: Was brauchen Kinder in der Trennung?
Kinder reagieren sehr unterschiedlich auf eine Trennung und auf die damit verbundenen Lebensänderungen. Wut, Trauer, Ängste, Rückzug von Freunden und Hobbies, häufiges krank sein und Rückschritte in der Entwicklung wie Einnässen gehören zu den häufigsten Reaktionen – je nach Alter und Persönlichkeit des Kindes sowie Umgang der Eltern mit der Situation. Manchmal scheint alles zunächst gut zu laufen, und erst später zeigt das Kind Zeichen von Belastung.
Getrennte Eltern stehen vor einer großen Herausforderung: Sie sind oft selbst stark belastet und bräuchten eigentlich Zeit zum heilen. Gleichzeitig wollen Sie Ihren Kindern helfen, mit der Trauer umzugehen und sich in der neuen Situation zurecht zu finden. Viele Eltern kämpfen zusätzlich mit Schuldgefühlen oder Wut darüber, dass ihre Kinder eine Trennung durchleben müssen. Daher ist es wichtig, dass Eltern in der Trennungssituation gut für sich sorgen – sei es durch Sport oder andere Freizeitbeschäftigungen, Freunde und Familie oder professionelle Unterstützung.
Kinder in der Trennung brauchen vor allem Sicherheit und Orientierung. Beide Eltern sollten im Leben vom Kind präsent bleiben, Treffen sollten klar kommuniziert werden und zuverlässig stattfinden – leere Versprechungen oder wegen Streit abgesagte Treffen verletzen und verunsichern das Kind. Eltern sollten es in allen Situationen vermeiden, schlecht oder kritisch über einander in Anwesenheit des Kindes zu reden, egal wie verletzt sie sind. Das Kind hat ein Recht auf eine ganz eigene, unbeschwerte Beziehung zu beiden Eltern trotz der Trennung. Das Gefühl der Kontinuität kann auch dadurch gestärkt werden, dass andere wichtige Bezugspersonen wie Omas, Opas und Freunde weiterhin engen Kontakt zum Kind halten. Je mehr vom „alten Leben“ beibehalten werden kann, desto sicherer fühlen sich Kinder. Und wenn neue schöne Momente und Rituale entstehen, machen Kinder die Erfahrung: Anders heißt nicht immer schlechter.
Kinder in der Trennung brauchen liebevolle Zuwendung und Anerkennung – wenn sie uns etwas zeigen oder erzählen wollen, etwas gut gemacht haben und darauf stolz sind. Und vor allem auch, wenn sie wütend oder traurig sind. In diesen Momenten ist es wichtig, dass Eltern nicht versuchen, die Wut oder die Traurigkeit wegzureden, das Kind abzulenken oder zu bestrafen. Alle Gefühle dürfen sein, sie werden zusammen ausgehalten. „Ich sehe, dass du gerade sehr wütend bist. Ich kann es nachvollziehen. Ich bin für dich da.“
Nehmen Sie gerne Kontakt mit einer unserer Beratungsstellen auf, wenn Sie Unterstützung brauchen. Wir wünschen Ihnen viel Kraft und einen langen Atem in der herausfordernden Lebenssituation.
Outi Turunen
Ev. Beratungsstelle für Erziehungs-, Jugend-, Paar- und Lebensfragen (EFB)
in Tempelhof