Zeig mir deine Welt – mit Kindern ins Gespräch kommen

Kinder jeden Alters sind wunderbare Gesprächspartner: lustig, fantasievoll, direkt und genau in ihren Beobachtungen. Wenn ein Teenager über seine Freundschaften, Träume oder Ansichten über die Welt erzählt, sind es kostbare Momente der Nähe. Oder wenn eine Vierjährige erzählt, wie sie Monster bekämpft und am Ende sich mit ihnen befreundet hat, freuen wir uns mit ihr und bewundern ihre Vorstellungskraft.

Nur im Alltag gehen solche Gespräche oft unter. Stattdessensprechen wir mit unseren Kindern über das, was als nächstes ansteht oder schon hätte passieren müssen. „Kannst du bitte…“, „Hast du schon…“, „Ich habe das schon zehnmal gesagt…“ Auch die interessiert gemeinten Fragen „Wie war es heute in der Schule?“ oder „Was hast du in der Kita gemacht?“ werden oft einsilbig beantwortet.

Wie können wir mit unseren Kindern anders ins Gespräch kommen? Wie können wir sie dazu einladen, uns ihre Welt zu zeigen?

Erstens braucht es Zeit und die volle Aufmerksamkeit. Nichts tun und einfach da sein, einen Moment mit einander ziellos verweilen sind die besten Voraussetzungen für Gespräche mit Kindern. Wenn Kinder das Gefühl haben, dass die Erwachsenen gerne mit Ihnen sind und gemeinsam Zeit verbringen, reden sie meistens gerne. Für manche Eltern und Kindern ist es einfacher zu reden, wenn sie gleichzeitig irgendetwas mit ihren Händen tun, sei es Blumen pflücken, kneten oder Lego bauen. Nur nicht am Handy oder an der Spielkonsole, sie saugen die Aufmerksamkeit zu sehr. Manche Kinder und Jugendliche mögen beim Spazieren oder Wandern reden.

Kinder spüren das authentische Interesse der Erwachsenen. Wir signalisieren Interesse mit einem offenen Blick, ermunternden Lächeln, einladender Körpersprache.  Offene Fragen, die zum Beispiel mit „wie“ oder „was“ anfangen, bringen eher zum Erzählen als Fragen, auf die man mit ja oder nein antworten kann. Warum-Fragen können Kinder und Jugendliche zur Erklärungsnot bringen: „Warum hast du das gemacht?“ öffnet kein Gespräch, sondern fordert eher zur Verteidigung auf. Als Einladung ins Gespräch können Sie auch das beschreiben, was Sie beim Kind beobachten. „Du siehst nachdenklich aus. Magst du mir erzählen, was dich beschäftigt?“ oder „Du strahlst ja richtig! Was ist heute passiert?“

Wenn unser Interesse aber in einer Befragung mündet, schließen Kinder und Jugendliche sich meist wie Muscheln. Eher lohnt es sich, ein paar vorsichtige Fragen zu stellen und abwarten, was kommt. Wenn man die Stille aushält und nicht schon die nächste Frage stellt oder mit Ratschlägen kommt, haben die Kinder Zeit, nachzudenken. Mit freundlicher, offener Stille signalisiert man: Ich bin hier, ich habe Zeit, du musst aber nichts erzählen, wenn du nicht möchtest. Je schwieriger das Thema ist, desto wichtiger ist es, dass wir unsere Kinder nicht bewerten. Man kann es ihnen auch zusichern: Egal was du sagst, werde ich nicht böse sein oder dich kritisieren.

Insgesamt sind Kinder und Jugendliche die Taktgeber in Gesprächen. Wer in die Welt von einer anderen Personeingeladen werden will, klopft freundlich und rennt nicht durch die Tür. Und wenn das Gespräch Fahrt aufnimmt, läuft es meistens anders als wir dachten – zum Glück ist das Leben mit Kindern voller Überraschungen.

Wir wünschen Ihnen viele schöne Gespräche mit Ihren Kindern diesen Sommer!

Outi Turunen

Ev. Beratungsstelle für Erziehungs-, Jugend-, Paar- und Lebensfragen, Tempelhof-Schöneberg