Konzepte zur Integration und Partizipation Geflüchteter im Land Berlin

Der Beitrag einer Kultur- und Migrationssensiblen Erziehungs- und Familienberatung (gemäß §28 i.V.m §§ 16, 17 und 18 SGB VIII)

Schutzsuchende sind in ihrer Unterschiedlichkeit zukünftig ein Teil der Berliner Bevölkerung. Neben ihrer notwendigen Grundversorgung und ihrer Sicherung des Lebens, haben sie sehr unterschiedliche Beratungsbedürfnisse. Einen besonderen Unterstützungsbedarf haben dabei unbegleitete Minderjährige und schutzsuchende Familien mit minderjährigen Kindern. Vorausgesetzt werden kann, dass bei den Schutzsuchenden traumatogene Prozesse durch die Situation im Heimatland als auch durch die Fluchterfahrungen einen biographischen Hintergrund bilden. Zu den Begleiterscheinungen einer posttraumatischen Belastungsstörung wird unter anderem auch eine geminderte Erziehungsfähigkeit gezählt. In der Gesellschaft des aufnehmenden Landes müssen sich Eltern selbst erst zurechtfinden und gleichzeitig ihren Kindern, im Erziehungsverhalten Schutz, Versorgung und Orientierung bieten. Kulturspezifische Unterschiede im Erziehungsverhalten; im Rollenverständnis von Männern und Frauen, Vätern und Müttern, Kindern und Jugendlichen und in den Wertvorstellungen können zu innerfamiliären Konflikten oder zu Konflikten zwischen Eltern und den ihre Kinder betreuenden Fachpersonen führen. Ferner stellt das deutsche Bildungssystem hohe Anforderungen, an die Unterstützung seitens der Herkunftsfamilie für den Bildungserfolg der Kinder. Als ein weiteres Risiko für die Integrationsleistung der Schutzsuchenden ist ihre anzunehmende Vereinzelung anzusehen, wodurch Entwicklungsprozesse beeinträchtigt werden können. Erziehungsberatungsstellen unterstützen in enger Kooperation mit anderen Beratungsdiensten und Einrichtungen der Jugendhilfe Kinder, Jugendliche, Eltern und Familien bei der:

  • Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme der Integration,
  • bei der Lösung von Erziehungsfragen,
  • der Deeskalation von Erziehungs- und Gewaltkonflikten,
  • bei Bildungsfragen und
  • bei Fragen zur Partnerschaft, sowie bei Trennung und Scheidung.

Das niedrigschwellige Regelangebot der Erziehungsberatung nach § 28 SGB VIII stellt ferner eine Kulturvermittlung d.h. ein Mittel zur Weitergabe von Informationen über kulturspezifische Erziehungsfragen dar und kann bei Konflikten frühzeitig vermittelnd und klärend intervenieren. Zudem kann es die negativen psychischen Folgen der Flucht mildern, zur Stabilisierung beitragen und die Erhöhung und Stärkung von Resilienzfaktoren bewirken. Die Angebote der Erziehungs-und Familienberatungen (EFB) als bereits bestehende Regelversorgung der Stadt Berlin sind auf die Beratung und Unterstützung von ausländischen und binationalen Familien ausgerichtet. Es bestehen langjährige Erfahrungen in der Beratung von Familien aus anderen Kulturkreisen und mit unterschiedlichen Muttersprachen. So wird Erziehungs- und Familienberatung in den Beratungsstellen in öffentlicher und freier Trägerschaft berlinweit in mehr als 38 Muttersprachen angeboten. Hierfür arbeiten Fachkräfte aus verschiedenen Fachrichtungen (Psychologie, Sozialarbeit, Pädagogik), mit beratungstherapeutischen Zusatzausbildungen und teilweise mit eigenen unterschiedlichen Migrationshintergründen in multiprofessionellen Teams zusammen, um den unterschiedlichen Bedarfen und Situationen dieser Menschen gerecht zu werden. Erziehungs- und Familienberatung wird sowohl aufsuchend als auch in den bereits vorhandenen Leistungsorten verwirklicht. Bezogen auf den steigenden Bedarf und die sich nun in Veränderung begriffene Zielgruppe, ist dieses Regelangebot mit spezifischen inklusiven und partizipatorischen Angeboten und Leistungen weiterzuentwickeln und auszubauen: • Psychosoziale Erstversorgung und Krisenintervention,

  • Migrationssensible Erziehungs- und Familienberatung,
  • Kultursensibler Kinderschutz,
  • Bedarfsgerechte psychologische und psychosoziale Beratung,
  • Aufsuchende Erziehungsberatung im Nahraum,
  • Frühe Hilfen für schutzsuchende Familien mit Säuglingen und Kleinkindern,
  • Fachkräfteberatung (Coaching von Multiplikatoren) in Schulen und Kitas.

Des Weiteren werden präventive Angebote wie beispielsweise Elterngruppen und Erziehungskurse, von muttersprachlichen Gruppenleiterinnen und – leitern durch die EFB zur Verfügung gestellt. Mit Hilfe des Masterplans „Integration und Sicherheit“ ist es gelungen, die Leistungen der Erziehungsund Familienberatung sozialräumlich als niedrigschwelliges Hilfsangebot bekannt zu machen und aufsuchende Erziehungs- und Familienberatung erfolgreich zu leisten. Das Projekt der kultur-, und migrationssensiblen, Erziehungs- und Familienberatung ist für diese Zielgruppe gesondert auszustatten, um nachhaltig die Leistungen erbringen zu können.

Berlin, im Januar 2018

Bernhard Huf und Karin Jacob Für den Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft